Stelarc:  
Technologie als Weiterführung des Körpers 

Der australische Medienkünstler Stelarc beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Maschine. In aufsehenerregenden Aktionen - dazu gehörte etwa eine im Magen versenkte Skulptur oder ein Performance mit einem Industrieroboter - hat er immer wieder zum Nachdenken über diese Schnittstelle angeregt. In den letzten Jahren beschäftigte sich Stelarc auch mit dem Internet.  

Stelarc wird die nächsten Monate in Hamburg verbringen und bereitet für den kommenden Herbst eine Performance in dieser Stadt vor. Danach wird er ein Jahr als Gastprofessor an der renommierten US Carnegie-Mellon University bei Pittsburgh wirken* 

  

Telepolis: Sie gelten als Maschinenkünstler - als solcher sind Sie beispielsweise in der BBC-Dokumentation "Pandaemonium" dargestellt. Sind Sie auch ein Maschinenkünstler? 

Stelarc: Nein, das Wort Maschinenkünstler empfinde nicht ich als zutreffend. Ich sehe mich eher als Performance Künstler. Technologie ist für mich ein Mittel, um die Möglichkeiten des Körpers zu erweitern. Technologie ist damit einerseits ein Implantat, andererseits eine Möglichkeit zur Definition des Cyborgs. 

Was meinen Sie genau mit Cyborg? 

Stelarc: Traditionell, also in der Science Fiction Literatur ist ein Cyborg eine Kreatur wie Robocop oder Terminator II oder; ein Hybrid Mensch-Maschine. Das Medizinische wird bei diesen traditionellen Cyborgs mit etwas Militärischem vermischt. Generell kann man sagen, ein Cyborg ist ein Geschöpf, dessen Organe mit technologischen Komponenten ersetzt worden sind. Mit dem Muskel-Stimulations-System, das ich geschaffen habe oder mit der Installation "Fractal Flesh", welche das Internet als eine Art externes Nervensystem benutzt, habe ich die Cyborg-Idee verändert. Der Cyborg ist nun nicht mehr ein Körper, sondern ein System, eine Vielzahl von Körpern, die via Internet verbunden sind. 

Ein Cyborg ist für Sie ein philosophisches und ästhetisches Programm. 

Stelarc: Diese Ideen sind bei mir keine reine Spekulationen, wie in der Science Fiction Literatur, sondern umgesetzte und erlebbare Realität.Wir reden nicht von Symbolen und Metaphern für den Körper, sondern vom Körper selber. Ich bin auch bereit, die physischen Konsequenzen für die Umsetzung dieser Ideen zu tragen. Wenn ich meinen Körper an Seilen und Haken aufhänge, dann ist das nicht ein Bild, sondern Realität. Dasselbe mit meiner Skulptur für das Körperinnere. Meine Philosophie ist, wenn Sie wollen, bestimmt von meiner Physiologie. 

Sie haben einige Ihrer Aktionen erwähnt. Ich möchte etwas mehr zum Weg erfahren, der hinter Ihnen liegt. 

Stelarc: Ich habe in den Jahren 1976 bis 1989, während 13 Jahren also, Aufänge-Aktionen ("Suspensions") gemacht: ich habe mir Haken ins Fleisch getrieben und meinen Körper dann daran aufgehängt - in verschiedenen Positionen: vertikal, horizontal, umgekehrt usf. Es gab zwei grosse öffentliche Performances, eine in New York und eine in Kopenhagen. Bei der Performance in New York, wo wir Seile zwischen zwei Häusern über eine Strasse gespannt hatten, kam die Polizei dazwischen und hinderte uns daran, weiter zu machen. Anders in Kopenhagen: dort hat mich ein Kran rund 60 Meter nach oben gezogen. Man kann das ja auch auf dem Video gut sehen. Aber die meisten dieser Aktionen führten wir ohne Publikum, oder dann in ganz kleinen Galerien durch. Es geht mir nicht darum, ein Spektakel zu machen oder die Leute zu schockieren. Natürlich, wenn es jeweils eine öffentliche Aktion gab, dann kamen auch viele Leute, weil diese Aktionen spektakulär sind. 

Ich habe mir einige Mal das Video mit der Aktion von Kopenhagen angesehen. Es ist paradox, wie schön es wirkt, wenn Ihr Körper horizontal vom Kran gehoben durch die Luft schwebt und plötzlich selber zum Artefakt wird. 

Stelarc: Es war auch eine einzigartige Erfahrung. Schon nach 10 oder 20 Metern konnte ich nichts mehr hören von der Stadt und vernahm nur noch die Geräusche des Windes und diese komischen Töne von der gespannten Haut mit den Haken im Fleisch.  

Waren Sie sich immer sicher,  dass nichts passieren würde? 

Stelarc: Ja bestimmt, wir haben ja viele Male solche Aktionen durchgeführt. Dabei benutzten wir jeweils 18 Haken. Die Haut ist extrem zäh, schon drei Haken würden reichen. Aber das wäre natürlich extrem schmerzhaft. Die Gefahr war eher beim Kran. Ich brauchte auch kein Funkgerät zu benutzen - die Organisatoren beobachteten mich mit Ferngläsern sehr genau und wussten jederzeit Bescheid, ob mir noch wohl bei der Sache war. 

Davor habe ich ja auch andere ähnliche Aktionen gemacht. Für das Goethe Institut in Tokio beispielsweise organisierte ich eine Performance mit einem Ballon. Weil es relativ viel Wind gab, wurde ich seekrank dabei und musste mich fast übergeben. Eine sehr unangenehme Vorstellung, wenn man an all die Leute denkt, die unten standen und schauten. 

Wo liegt die philosophische Bedeutung dieser Experimente? 

Stelarc: Ich habe diese Aktionen nach einer Reihe von extremen Experimenten mit sensorischer Deprivation gemacht. Bei diesen Experimenten waren meine Lippen zugenäht und ich war zwischen zwei Brettern eingeklemmt. Diese Aktionen dauerten jeweils lange - drei Tage, einmal sogar eine ganze Woche. Ich konnte in dieser Zeit nicht essen und trinken und auch nichts sehen. Ich habe so die physischen Grenzen meines Körpers erkundet. Auch die Begrenzungen des Körpers durch die Schwerkraft gehört dazu - das ist jene Seite, die bei meinen Aufhäng-Experimenten sehr wichtig war. Der Mensch lebt ja eigentlich nur in zwei Dimensionen. Alles was er tut, auch sein eigener Körper, ist durch die Gesetze der Schwerkraft determiniert. Ich habe mit diesen Hänge-Aktionen versucht, die Gesetze der Schwerkraft aufzuheben. Nur visuell, natürlich galten die Gesetze der Schwerkraft immer noch. Wenn man die Haut ansieht, die von den Haken gehoben wird, dann kann man darin eine Art Landkarte erkennen - mit Hügeln und Tälern. Man könnte diese Landkarte als einen visuellen Ausdruck für die Gesetze der Schwerkraft ansehen. 

Auch bei der Aktion mit der Skulptur im Körperinneren geht es um die Grenzen. Ist sie eine Weiterentwicklung Ihrer früheren Aktionen? 

Stelarc: Es ist bestimmt dieselbe Philosophie dahinter. Aber es gibt nicht jene chronologische Entwicklung, wie Sie vielleicht meinen. Viele meiner Aktionen geschahen parallel, zeitlich gesehen. Ich habe auch schon sehr früh mit Bildern aus meinem Körperinneren experimentiert. Das Projekt mit der dritten Hand begann ein Jahr vor der ersten Aufhäng-Aktion.  

Ich möchte etwas mehr von dieser "Internal Body Sculpture", dieser Skulptur für das Körperinnere, erfahren. 

Stelarc: Ich kam auf diese Idee im Zusammenhang mit der dritten Skultpur-Triennale in Australien. Das Thema hiess damals "Site Specific Sculptures"; gefragt waren also Skulpturen, die für ganz bestimmte Orte geschaffen wurden. Das gilt, wenn auch in einem extremen Sinn, auch für meine Skulptur: ich habe eine Kapsel gebaut, die sich im Magen öffnen kann, die blinkt und Töne von sich gibt. Von aussen konnte man aber nichts sehen und hören, man musste dafür mit einem Endoskop den Magen untersuchen. Rein körperlich war das für mich die schwierigste Performance. Danach musste ich für eine Nacht ins Spital zur Beobachtung. Das war die einzige Performance, bei der ich medizinische Hilfe benötigte. 

Welche Idee steckt hinter der "Dritten Hand" 

Stelarc: Die "Dritte Hand" ist auch eine Erweiterung des Körpers. Sie kann - so wie die anderen beiden natürlichen Hände - unabhängig funktionieren. Ich kann sie über Muskelimpulse steuern, die ich zum Beispiel am Bein abgreife. Die "Dritte Hand" hat ein taktiles Feedback-System. Man könnte sie auch als eine Art Prothese bezeichnen. 

Wie haben Sie diese "Dritte Hand" eingesetzt? 

Stelarc: Ich habe zum Beispiel für den Anlass Telepolis in Luxemburg eine Installation gemacht: via Internet waren wir mit dem Pompidou Centre in Paris, dem Media Lab in Helsinki und der Konferenz "Doors of Perception" in Amsterdam verbunden. Mittels einem berührungsempfindlichen Bildschirm, konnten die Leute meinen Körper steuern. Ich selber hatte nur die Kontrolle über meine "Dritte Hand", die ich mit meinen Beinmuskel steuerte.  

Die Performance war für mich wieder eine extreme Erfahrung: man sieht die Bewegungen des eigenen Körpers, ohne dass man diese Bewegungen selber veranlasst hätte, ohne dass man sie kontrollieren könnte. Ich konnte das Gesicht der Personen sehen, die meine Bewegungen steuerten. Das erzeugt eine intime Beziehung. Es entsteht eine Bewegung ohne Erinnerung und ohne Wunsch.  

Dies wiederum führte mich zur Idee, der Körper könnte zum Gastgeber für verschiedene Agenten werden, die räumlich verteilt, aber doch miteinander verbunden sind. Man kann dann noch weiter gehen: ich habe eine Performance mit dem Ping-Protokoll gemacht, das benutzt wird, um die Antwortzeiten des Computers gegenüber verschiedenen Internet-Knoten zu messen. Wir haben aus diesen Antwortzeiten ein Signal generiert, dass meinen Körper gesteuert hat. Schliesslich haben wir etwas Ähnliches auch mit Bildern aus dem Internet versucht. Was dabei passiert: das Internet wird zu einer Art externem Nervensystem, das den Körper steuert. 

Sie werden im nächsten halben Jahr in Hamburg arbeiten. Welche Pläne verfolgen Sie dort? 

Stelarc: Ich habe drei Projekte, dabei weiss ich noch nicht, welches sich am Schluss wirklich realisieren lässt: Ich möchte - das ist die erste Idee - eine neue "Dritte Hand" bauen, die statt drei Freiheitsgrade wie bisher deren elf hat. Sie würde die Fingerbeugung, Handgelenk und Daumenrotation beherrschen, jeder Finger wird sich öffnen und schliessen können und ist mit einem Vacuum-Greifer ausgerüstet. Das wird sicher Arbeit für eine Jahr geben. 

Dann arbeite ich zur Zeit auch an etwas, das ich Motivar nenne. Es ist ein Avatar, der mit künstlicher Intelligenz ausgestattet ist. Dieser Agent kann auf den Körper zugreifen. Normalerweise ist das ja umgekehrt: der physische Körper definiert den imaginären, virtuellen Körper, eben den Avatar. Beim Motivar wird der Körper zum Agenten des Avatar. Der Avatar wird sich nicht nur bewegen, sondern auch Gefühle ausdrücken können. 

Schliesslich möchte ich ein drittes Ohr machen, das Teil meines Kopfes sein wird. Es wird nicht eine Prothese sein, sondern soll aus Fleisch und Blut bestehen. Man müsste dazu einen Ballon unter meine Kopfhaut einpflanzen und ihn über eine gewisse Zeitspanne langsam dehnen. In den entstehenden Raum müsste man eine knorpelartiges Implantat einfügen. Dann müsste ein plastischer Chirurg das Ohr formen. Dieses Ohr könnte nicht wirklich hören. Wir würden einen Sound Chip und einen Sensor einbauen. Jeder, der sich ihm nähert könnte etwas hören. Am Schluss würde das künstliche Ohr dem natürlichen Ohr Nonsens einflüstern.... 

Ich kann mir gut vorstellen, dass ihre Arbeit auch zu Missverständnisse führt - gerade in einer Zeit wie heute, wo S/M Erfahrungen geradezu eine Mode geworden sind. 

Stelarc: Ja, diese Missverständnisse passieren tatsächlich. Merkwürdigerweise habe ich gerade unter den S/M Leuten an der amerikanischen Westkünste viele Anhänger, vor allem natürlich in San Francisco selber. Aber mir geht es wirklich nicht um eine S/M Erfahrung, sondern darum herauszufinden, was ist der Körper, was ist die Idee des Geistes. Wenn wir die Haut durchstossen, dann ist die Haut nicht mehr einfach die Grenze des Selbst oder der Anfang der äusseren Welt. Der Körper erfährt eine Erweiterung. 

Ich denke,  diese Idee hat weitreichende Konsequenzen. 

Mit Hilfe der Nanotechnologie wir es in Zukunft miniaturisierte Maschinen geben, die sich frei  im Körperinneren bewegen können. Wir können den Körper so mit kleinen Robotern kolonialisieren. Diese Roboter würden zum Beispiel krankhafte Veränderungen aufspüren - seien es krebsartige Wucherungen oder verstopfte Gefässe. Heute gibt es ja einen riesigen Graben zwischen dem Wissen, das wir über den Körper und den effektiven Möglichkeiten. Das zeigt sich zum Beispiel beim Krebs. Ein internes Warnsystem könnte Veränderungen im Körper frühzeitig entdecken und viele dieser Störungen sogar selber beheben. 

Es gibt bei Ihnen diese extrem enge Verbindung zwischen Kunst und Technologie. Das merkte man auch bei ihrem Aufenthalt in Zürich, als sie von den Forschern des Artificial Intelligence Laboratories an der Universität Zürich zu einer Gastvorlesung eingeladen wurden. 

Ich habe immer Prothesen und Roboter benutzt. Ich weiss, wo die  
Wissenschaft genau steht, was "state of the art" ist. Darum sind die Wissenschafter auch so fasziniert. Ich konnte beispielsweise vor Jahren einmal meine "Dritte Hand" am Jet Propulsion Laboratory am Johnson Space Center in Houston/Texas vorstellen. Heute ist meine Dritte Hand natürlich nicht mehr sehr modern....Ich möchte sie übrigens gerne verkaufen. 

Man würde ja meinen, die Wissenschafter hätten all die Dinge, die Sie als Künstler benutzen, längst ausgereizt. 

Stelarc: Einige davon haben tatsächlich richtige Erfahrungen mit Dingen, die ich benutze. Aber die meisten haben keine Erfahrungen aus erster Hand. Dann sind sie oft auf einzelne, sehr spezifische Fragen fixiert. Interessant ist, dass viele Wissenschafter meine philosophischen Ansichten in bezug auf den menschlichen Körper teilen.  

In welcher Hinsicht? 

Auch in der Wissenschaft kommt man immer mehr davon weg, den menschlichen Körper als platonisches, carthesianischen oder freudianisches Konstrukt zu sehen. Diese Konzepte gehen davon aus, dass es im Inneren des Menschen etwas gibt, das ihn steuert. Das kann eine Art Homunculus sein - bei Freud wird dann der Homunculus ersetzt durch die Idee vom Über-Ich, von unterdrückten Gefühlen undsoweiter. Wir müssen uns von diesen Ideen verabschieden, ohne gleich der Horror-Vision eines frankensteinschen Körpers zu verfallen.  

...und stattdessen welche Idee akzeptieren? 

Stelarc: Ich kann das mit einer Geschichte aus der Roboterforschung erklären: heute glaubt niemand mehr, man könne Roboter mit grossen Hirnen bauen, denen gewissermassen ein Weltmodell eingebaut ist. Stattdessen verfolgt man einen ganz anderen Pfad und baut viele kleine Roboter mit relativ wenig technologischem Aufwand. Diese Roboter bilden Systeme, die sich selber steuern. Die Roboter erfahren ihre Aussenwelt mit Sensoren. Die Sensoren sind damit ein Teil des Systems. Auf diese Weise können mit einem relativ einfachen Setup schon recht komplizierte Systeme und Verhaltensmuster entstehen. Auf den Menschen übertragen heisst das: alles was wir sind, ist letztlich das Resultat von Interaktionen mit anderen Individuen. Das Geheimnis dahinter ist im System als Ganzem, nicht im Individuum. 

Das führt zur Frage: was ist das Spezifische am Menschen? 

Ideen wie Seele, Geist etc. sind kulturelle Konstrukte. Man kann die Ideen eines Geistes in der Welt durch Interaktionen erklären. Wir haben einfach die Tendenz, unsere Ideen nach aussen abzubilden, zu projezieren. Geist ist ein kulturelles Konstrukt, nicht etwas, das per se schon existiert. 

...und die Seele? 

Ich glaube nicht, dass wir eine Seele haben! 

...was macht also den Menschen aus? 

Stelarc: Es ist nicht nur die Kodierung der Information in unseren Zellen oder unsere Chemie. Was uns einzigartig macht ist die Technologie. Wir haben zwei Hände, um damit Artefakte, Instrumente und Maschinen zu bauen. Technologie ist nicht etwas Fremdes, Anderes. Man kann Technologie und Körper nicht trennen. Technologie ist ein Teil des Menschen. 

Interview Dominik Landwehr
  

*Stelarc ist Honorarprofessor für Kunst & Robotik an der Carnegie Mellon Universität in Pittsburg/USA. Er wird im kommenden Jahr als Gastprofessor am "Studio for Creative Inquiry" an dieser Universität wirken. 

Der Künstler ist im vergangenen März in der Reihe "digital brainstorming", welche das Migros-Kulturprozent veranstaltet hat, aufgetreten. Die Veranstalter bereiten zur Zeit einen eintätigen Workshop mit dem Künstler und eine Performance vor. 

Weitere Informationen, inkl.die Homepage des Künstlers: 

http://www.kulturprozent.ch/brainstorming/ 

Literatur: 
 

Mark Dery: Cyber. Die Kultur der Zukunft. Verlag Volk und Welt. Berlin 1996 (Kapitel 4: Cybernetische Body Art, S. 173 - 207) 
  

"Stelarc (geboren als Stelias Arcadiou) ist einer der aussergewöhnlichsten Vertreter cybernetischer Body Art. Lange bevor die virtuelle Realität zum Thema in der Populärkultur wurde, experimentierte er bereits mit einfachen Simulationstechniken am Caulfield Institute of Technology und später am Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT). In den Jahren 1968 bis 1970 gestaltete er eine Reihe von Räumen, sogenannte Sensory Compartmens, in denen der Benutzer bestimmten Licht-, Erschütterungs- und Geräusch-Effekten ausgesetzt war. Ausserdem konstruierte er Helme mit integrierten Brillen, die das binokulare Sehfeld des Trägers auflösten und ihn in ein Spiegelkabinett sich überschneidender Bilder versetzten. Stelarc, ein überzeugter Anhänger MacLuhans, beschreibt diese Geräte als Folge der Erkenntnis, dass die physiologische Hardware des Körpers die geistigen Fähigkeiten des Bewusstseins bestimmt und dass man zu einer anderen Wahrnehmung gelangt, wenn man diese Hardware verändert." (Mark Dery, S. 176) 

"Stelarcs Performances sind Cyberpunk in Reinkultur. Wenn er seinen Körper in einer Cyborg-Variante hinduistischer Mudras verrenkt, entfesselt er damit ein aberwitziges Geräuschchaos, das sich anhört wie das Gezänk zwischen einem Kurzwellenradio und einem Geigerzähler. Die Zwillingsstrahlen aus seinen Laser Eyes durchbohren die Finsternis, Lichtbögen winden sich wie Lebewesen in den gläseren Röhren, und Video Shadows huschen über die Bildschirme, bald zu Standbildern eingefroren, dann wieder wild flackernd. Sein Arm wird von einem Stromstoss nach oben gerissen, als wäre er eine Marionette, während seine Third Hand in der Luft herumfuchtelt. In Stelarcs cybernetischem Synergismus verwischt der Unterschied zwischen dem, der kontrolliert, und dem, was kontrolliert wird. Er ist in gleichem Masse die Erweiterung seines High-Tech Systems, wie er seinerseits von ihm erweitert wird." (Mark Dery S.179)